Der Hollerweg im Alten Land
Zweimal täglich kommt die Flut…

Und die Region zwischen Stade und Hamburg im Urstromtal der Elbe, die wir heute als „Drei Meilen Altes Land” und „größtes geschlossenes Obstbaugebiet Nordeuropas” kennen, würde von Natur aus zweimal täglich unter Wasser stehen.

Sietland an der Trave. So ähnlich könnte es im Sietland an der Elbe vor der Hollerkolonisation ausgesehen haben.

Eins bedingt das Andere und führt ins Heute:

Im frühen 12. Jahrhundert folgen Holländer dem Ruf des Bremer Erzbischofs. In mühevoller Handarbeit mit Schaufel und Karren verwandeln sie Sumpf in fruchtbares Marschland. Sie bauen Deiche und Entwässerungssysteme und erhalten dafür eigenes Land. Sie bringen das wasserbauliche Wissen mit und ihr holländisches Recht. Sie siedeln im Sietland neben den „Sassischen” (Sachsen), die auf den höherliegenden Uferbereichen leben. Die Angst vor den Fluten vereint sie. „Wer nich will dieken, mut wieken” ist Gesetz und wo der Deichrichter den Spaten in den Deich steckt, ist der Hof verloren…

Im Alten Land spüren wir diese mittelalterlichen Wurzeln und das holländische Erbe alltäglich. Der Hollerweg führt uns zu bemerkenswerten Spuren der Hollerkolonisation in der Altländer Kulturlandschaft. Wir nennen diese Beispiele „Zeitfenster”. Sie erlauben einen Blick in die Geschichte, machen Unsichtbares lebendig und beschreiben „den Weg” – also die Art und Weise – warum das Alte Land so wurde, wie es ist. Alle Zeitfenster stehen für eines der sechs Themen, die das Alte Land auch heute prägen.

Wasserbautechnik

Deiche, Polder, Grabensystem, Wettern, Fleete, Schleusen, Siele, Polderung, Schöpfwerke

Siedlungsstruktur

Deichhufen- und Marschhufendörfer, Verkehrswege, Hofanlagen, Ortschaften an Brücken, Bebauung auf dem Deich

Das Recht der Holländer

Deichrecht, Jüngstenrecht, Frauenrechte, kein Zunftzwang für Handwerker, frühe demokratische Strukturen

Landwirtschaft & Obstbau

Fruchtbare Marschböden, besonderes/mildes Kleinklima, Anbaumethoden, Wasser-Management, vor- und nachgelagerte Fachbetriebe, Wissenschaft

Handel & Schiffahrt

Schifffahrt, Häfen, Werften, Altländer Schiffstypen, Feederschiffe, Wissenstransfer durch Handel

Altländer Kulturgüter

Baukunst der Fachhallenhäuser, Schmuckgiebel, Prunkpforten, Kirchen, Orgelkultur (Arp Schnitger), Trachten, Filigran-Schmuck, Altländer Möbel, Erfindungen

Über 8 Meter hoch ist der Elbehauptdeich in der Ersten und Zweiten Meile. „Ohne Deich kein Land…” im Alten Land.

Das Zesterfleth führt Wasser von der Geest, dem Moor und Ladekop mit sich und leitet es Richtung Elbe. Das Fleet mündet in den Borsteler Hafen.

In der sogenannten Landesstube in der Bürgerei in Jork tagte das Gräfengericht, die oberste Instanz der historischen Landesgemeinde Altes Land.

Der Obstbau ist ein einzigartiges über Jahrhunderte gewachsenes Wirtschaftsgefüge. Der Obstbau prägt das Gebiet, er ist verbunden mit Erfindungen, Wissenschaft, Maschinenbau, Lagertechnik, Züchtungen, neuen Anbaumethoden, Handel und historisch der Schifffahrt

Neben dem Obstbau ist die Schifffahrt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Alten Land. Einige der heute weltweit agierenden Reedereien haben ihren Sitz oder Ursprung im Alten Land.

Die Arp-Schnitger Orgel in St. Martinti-et-Nicolai in Steinkirchen zieht zahlreiche Orgelmusiker und -freunde an. Sie ist Teil des Immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO: „Deutsche Orgelkultur“.

„Das Alte Land bildete eine autonome Kommune, eine Landesgemeinde, die den Rahmen für die eigenständige kulturelle Entwicklung in Bauten, Trachten, Wirtschaftsweise bildete. Sie entstand trotz des Gegensatzes zwischen Sachsen im Hochland und Holländern im Sietland. Das gemeinsame Interesse am Deichschutz war hierfür wichtig und ausschlaggebend.” (Adolf E. Hofmeister, Das Alte Land: Einzig nicht artig - Eine Tochter wird erwachsen - Die Hollerkolonie Altes Land, S.31)