53°32'01.6"N 9°39'05.1"E
Schleuse Hinterdeich
Das Entwässerungssystem
Wasser braucht eigentlich Gefälle um abzufließen. Das tiefliegende Sietland zu entwässern war eine Herausforderung. Die Kolonisten brachten das Wissen zur Entwässerungstechnik aus ihrer Heimat Holland mit.
Sie deichten das Land rundherum ein. Das Oberflächen und Binnenwasser aus den Mooren wurde durch Hinterdeiche abgehalten und über Wettern abgeleitet. Das eingedeichte Land lag tiefer als der Meeresspiegel, war nun aber rundum eingedeicht und bildete einen Polder. Jeder Polder musste zuerst für die Kolonisation entwässert werden. Aber auch anschließend musste das neu errungene Marschland fortlaufend vom Regen- und Grundwasser befreit werden. Das Binnenwasser war also stets durch die Deiche hindurch nach außen abzuleiten.
Das Entwässerungssystem im Alten Land besteht aus den angelegten Gräben und Wettern und den natürlichen Wasserläufen, sowie Deichtoren, durch die das Wasser abfließen soll. Das System der natürlichen Wasserläufe, der Fleete, sowie der künstlich angelegten Wettern wurde schon im Mittelalter perfektioniert. Zwischen zwei Flurstücken wurde je ein Abzugsgraben angelegt, der in eine größere Wettern mündete, die dann das Wasser aus mehreren solcher Gräben aufnahm. Der Aushub wurde auf die tiefgelegenen Anbauflächen verteilt, sodass sie künstlich aufgehöht wurden. Das Wasser musste vom niedrigeren Sietland durch das am Flussufer liegende Hochland abfließen können. Die Deichtore/ -durchlässe mussten deshalb möglichst tief im Deich eingebaut werden.
Als „Siel” werden im Alten Land Durchlässe mit eintoriger Klappe bezeichnet, als „Schleuse” zweitorige. In ihrer Technik entwickelten sich die Siele von primitiven Durchlässen über einfachen Klappsielen zu größeren Torsielen (um 1500). Während der Kolonisation des Alten Landes im Mittelalter wurde das Wasser durch Gräben und primitive hölzerne Siele in die Flüsse außerhalb der Deiche geleitet. Die Siele bestanden damals aus ausgehöhlten Baumstämmen, die an der Außenmündung mit einer Klappe versehen waren. Diese öffnete sich bei Ebbe, wenn das Binnenwasser höher stand als außendeichs und schloss sich bei Flut, so dass kein Wasser von außen in den Polder eindringen konnte. Holländische Wasserbautechniker brachten aus ihrer Heimat das Prinzip der Balkenschleuse mit zwei Stemmtoren mit, das gegenüber den Sielen einen technischen Fortschritt darstellte.
Die Kehrseite ist, dass diese Deichdurchlässe von ihrer technischen Beschaffenheit her empfindliche Punkte im Deichkörper sind. Wenn eine Schleuse oder ein Siel austreibt, hat das fast immer einen Grundbruch des Deiches zur Folge.
Stück für Stück arbeiteten sich die Kolonisten voran. Angefangen bei Stade an der Schwinge Richtung Osten. Erst bis zur Lühe, dann die 2. Meile bis zur Este und Ende des 12. Jahrhunderts waren mit der 3. Meile bis zur Süderelbe bei Moorburg die Entwässerungssyteme geschaffen.
Mitte des 20. Jahrhunderts wurde ein neues Verfahren eingeführt, das man im Alten Land als „Polderung” der Obstbauflächen bezeichnet. Gräben zwischen den Baumreihen wurden geschlossen und durch Dränagerohre ersetzt. Das darin gesammelte Wasser wird über elektrische Pumpen in die Wettern gepumpt.
Schleuse Hinterdeich und Neuenschleuser Wettern
Im Schatten unter der Brücke sind die Schleusentore zu entdecken. Richtung Süden, wird die Neuenschleuser Wettern von vielen kleinen Brücken der Neuenkirchener Höfe überquert. Wettern und Schleuse sind Beispiele der historisch gewachsenen und bis heute existentiellen Gewässer- und Entwässerungssysteme des Alten Landes und für die Hollerkolonisation. Westlich der Wettern stehen die Pumpenhäuschen, die zur Entwässerung der Mitte des 20. Jahrhunderts eingeführten „Polderung” gebaut wurden.
Die Neuenschleuser Wettern entwässert bei Neuenschleuse in den Neuenschleuser Hafen.
Über die Brücke gelangt man zum historischen Muddweg. Er ist die Grenze zwischen Neuenkirchen (südlich des Weges) und Mittelnkirchen (nördlich des Weges).
Blick von der Brücke nach Norden Richtung Elbe: Die Höfe links gehören zu Mittelnkirchen.