Gelbes Pictogramm Altländer Kulturgüter

53°31'46.4"N 9°44'20.3"E
Der Harmshof




Foto Blick vom Schafstall auf die Grootdör und den Wirtschaftsteil des Haupthauses. Am Dachfirst die Giebelschwäne.Im Schafstall sind Bauteile des ehemaligen Hauptgebäudes verbaut worden.


Der klassizistische Schmuckgiebel steht auf der Deichseite zur Este hin. Vor dem Haus stehen vier beschnittene Linden und neben der Küchenseite zwischen Graben und Haus beschnittene Pappelbäume.Das Fachhallenhaus wurde mehrfach umgebaut und nach vorn verlängert. Der Giebel ist in klassizistischem Stil erbaut.


Vierflügelige hölzerne Eingangstür mit Säulenportal. Die Tür ist holzfarben, die Säulen sind wie das Fachwerk weiß lackiert und oben und unten mit grüner Farbe abgesetzt. Mittig hängt eine Laterne.Der Eingang wurde später eingezogen und mit Säulen gestaltet



Karte von 1784 mit HarmshofAusschnitt der historischen Karte von 1784. (©NLA Stade, Karten, Neu Nr. 11469). Markierung: Der Harmshof


Foto der rot gestrichenen, reetgedeckten DurchfahrtscheuneEines der wenigen Altländer Wirtschaftsgebäude. An vielen Bauteilen ist erkennbar, dass Holz teilweise mehrfach verwendet wurde und bedeutend älter ist als die Durchfahrtscheune selbst


Hölzer aus dem ehemaligen Haupthaus. Einige der Holzteile stammen wahrscheinlich vom Vorgängerbau des Haupthauses. Manche Balken sind mit fächer,- oder sonnenstrahlenartig angeordneten Schnitzereien verziert.Mit der Radiocarbonmethode wurde das Alter einiger Bauteile im Schafstall auf 1524 datiert. Vermutlich stammen die Balken aus dem Vorgängerbau des Haupthauses.



Mittelalterliche Hofanlage und Hausbau

Das typische Altländer Fachwerkhaus ist ein sogenanntes Fachhallenhaus. Die Länge des Gebäudes ergibt sich aus der Zahl der Gefache. Der Bau erforderte handwerkliches Geschick und Erfahrung.
Statische Berechnungen oder Bauzeichnungen gab es noch nicht. Die Maße, die Konstruktion des Ständerbaus, die Querschnitte der Hölzer wurden nach der üblichen Bausitte gewählt und durch Erfahrung weiterentwickelt. Das Haus wurde aus Eichenholz gezimmert. Zimmerer, Maurer und Reetdachdecker erstellten den Rohbau. Schnitzer und Sprücheklopfer, Drechsler, Tischler und Maler, sowie die Hofeigner selbst besorgten die Ausschmückung des Prunkgiebels und den Innenausbau. Schmiede lieferten die zum Teil kunstvoll gestalteten Beschläge.

Die Schmuckgiebel der Altländer Fachhallenhäuser fallen im Vergleich zu anderen Regionen Norddeutschlands durch ihren Formenreichtum auf.  Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich der Zeitgeschmack und die unterschiedlichen Stilepochen lassen sich auch an den Altländer Fachwerkgiebeln ablesen. Bei den Häusern der Renaissance und Barockzeit lassen geschnitzte Knaggen die Giebel stufenartig weit nach vorn kragen. Im Klassizismus werden die Knaggen anders konstruiert, die Giebel ragen gerader auf und die Linien werden klarer. Über alle Epochen bis ins frühe zwanzigste Jahrhundert finden sich die Formeln zur Berechnung des Goldenen Schnitts in den verschiedenen Ausformungen des Altländer Baustils wieder. Die aufwendig gearbeiteten Brauttüren und Prunkpforten und das phantasievolle Buntmauerwerk sprechen für das Können und die Kunstfertigkeit der Handwerker und für den Wohlstand der Hofbesitzer.

Warum war Wohlstand für die Altländer Gesellschaft wichtig? Nur wirtschaftlich starke Höfe waren in der Lage, der Deichpflicht nachzukommen. Dieses überlebenswichtige Interesse prägt viele Bereiche der Altländer Kultur.

Die Deiche dienten nicht nur der Sicherheit vor den täglichen Fluten, man nutze die Deiche auch als Weg um einigermaßen trockenen Fußes vorwärtszukommen. Die Fachhallenhäuser der Deichhufendörfer aus der Zeit der Hollerkolonisation stehen mit Ihrer Vorderseite und der Brauttür zum Deich. Der Wirtschaftsteil ist zum Hof ausgerichtet. Das Grundstück war von Gräben umgeben und über eine Brücke erreichbar.

In den altsächsischen Siedlungsgebieten stehen die Häuser andersherum, mit dem Wirtschaftsteil und der Grootdör zum Deich. Während die Niedersachsenhäuser sonst häufig Pferdeköpfe als Giebelzier zeigen, erkennt man im Alten Land häufig ein Schwanenpaar.


Der Harmshof

Der Hof ist seit 1524 im Besitz der Familie Harms-Stölcken. Das große Reetdachhaus ist ein Zweiständerfachhallenhaus von 1606, dessen Vorgänger um 1535 entstand und von dem noch brauchbares Abbruchmaterial getreu dem Motto „wi smiet nix weg“ wieder verwendet wurde. Das große Fachhallenhaus wurde  mehrfach umgebaut und in Teilen erneuert. Der dreifach abgetreppte Prunkgiebel wurde 1820 im Stile des aufkommenden Klassizismus angebaut und das Haus nach vorne verlängert. 1880 wurde das Säulenportal mit der eingenischten vierteiligen Haustür eingebaut. Über der Grootdör die Giebelzier mit Schwänen.

Die mittelalterliche Hofanlage ist als Ensemble einzigartig und bemerkenswert. Der gesamte Hofplatz hat sein Aussehen nicht verändert. Neben dem Haus befindet sich noch der historische Küchen- und Waschgraben. Schafstall und die Durchfahrtscheune von 1650 stehen unter Denkmalschutz und wurden 2005 restauriert.

Holz war in der Marsch kostbar und musste von weit her herangeschafft werden. Auch an den Nebengebäuden lässt sich ablesen, dass Balken und Hölzer älterer Vorgängerbauten zwei- bis dreimal wiederverwendet wurden. Die aus altbrauchbarem Holz hergestellten Kopfbänder mit Sonnenornamenten stammen aus der Renaissance. Es sind die ehemaligen Fußbänder des früheren Giebels des Hauptgebäudes. Auch der Inschriftenbalken des Haupthauses wurde im Giebel das Stalles wieder verwendet (Peter Rode bün ick genannt. Min Glück steit in Gottes Hand. Anno 1606).

Im Museum Altes Land ist das Kariol des Landesdeputierten Johann Harms zu besichtigen, mit dem er nach Hannover reiste.

Heute finden auf dem Harmshof Kulturveranstaltungen statt, im Sommer Sonntags-Kaffee und es wurde mit dieser Kulisse schon mancher Fernsehfilm gedreht – unter anderem der zweiteilige Fernsehfim nach dem Roman von Dörte Hansen: „Altes Land”.

Foto der mittelalterlichen Hofanlage. Das Reetdach ist über dem Giebel des Wirtshaftsteils abgewalmt und die Grootdör ist leicht nach innen versetzt. Der Hof ist mit Kopsteinen gepflastert. Die frühere Mistkuhle ist als Vertiefung erkennbar und die Zufahrt zum Graben, wo die Räder der Holzkarren gewässert ewrden konnten. Im Garben speigeln sich die Zwetschenbäume und das lange Fachewrkgebäude im Abendlicht.Das große Zweiständerfachhallenhaus des Harmshofes mit Küchengraben und Hofplatz.